Hörner

 

Tiere sind Mitgeschöpfe zu uns Menschen, oder sind wir Mitgeschöpfe zu den Tieren?
Vor vielen, vielen Jahren sind wir (unsere Vorfahren) durch die Steppen und Wälder gelaufen, wir haben gesammelt und gejagt. Irgendwann haben wir dann den Ackerbau erfunden, Gemüsesorten gezüchtet und das Obstwesen entwickelt. Mit dem Sesshaftwerden haben wir auch wilde Tiere zu uns ins Haus genommen, sie gezähmt und gezüchtet, unsere Haustiere sind entstanden. All dies nennen wir heute Kultur. Wir sind stolz darauf und viele Entdeckungen und Entwicklungen der Jetztzeit bauen darauf auf. Haustiere und Menschen lebten seit langem unter einem Dach, seit kurzer Zeit! (seit einigen Jahrzehnten) ist dies immer weniger der Fall. Tierfabriken sind entstanden. Die Entwicklung der Käfighaltung von Hühnern, das Stopfen von Gänsen oder die Ganzjahreshaltung von Rindern wurden entdeckt. Wenn Tiere keine Waren sind, wenn sie Geschöpfe sind auf dieser einen Erde, dann sollten wir doch versuchen, sie mit einem Minimum an Würde zu behandeln. Tiere kommen ohne uns Menschen auf dieser Erde recht gut zurecht mit all ihren Gesetzen des Überlebens, des Fressens und Gefressenwerdens. Wir Menschen haben jedoch ohne die Tiere auf dieser Erde keine Möglichkeit, zu leben.

Wir müssen mehr Sorge tragen zu unseren Mitgeschöpfen, den Tieren. Seit kurzer Zeit (einigen Jahrzehnten) gibt es die Besamung, den Embryotransfer und das Klonen. Seit kurzem beginnen wir, den Kühen die Hörner abzuschneiden oder sie werden bei den Kälbern weggeätzt, dass sie gar nicht erst wachsen können. Wir müssen uns fragen, ob wir das dürfen und wie wir das verantworten können. Ist uns eigentlich bewusst, dass wir da einen weiteren Einschnitt in unsere eigene Kulturentwicklung machen?

20 Sommer war ich in Graubünden auf den Alpen als Hirt und Senn. Seit damals gibt es immer mehr hornlose Tiere auf den Alpen und den Heimbetrieben. Der Anblick erfüllt mich jedes Mal mit Traurigkeit, ähnlich wie bei den zahllosen Betrieben in Deutschland, wo die Ganzjahresstallhaltung noch erlaubt ist. Ich würde gern meine Traurigkeit zum Anlass nehmen, diejenigen Kräfte in meiner Umgebung zu unterstützen, die versuchen, weiterhin Kühe mit Hörner zu halten oder die versuchen, ihr Bewusstsein und ihre Ställe so umzubauen, dass es wieder möglich wird, dass die Kälber, Rinder und Kühe ihre Hörner behalten dürfen.

Seit November 2001 betreiben meine Frau Maria und ich eine kleine Dorfsennerei mit Laden hier in Andeer. Wir verarbeiten ca. 400.000 Liter Milch pro Jahr zu Butter, Jogurt, Quark und Käse. Am liebsten würden wir Milch verarbeiten von Kühen mit Hörnern. Für diese Vision möchte ich etwas tun.

 

Wir haben ein Recht auf unsere Hörner
Andeerer Hörner-Chronik

  • 2001: Wir übernehemn die Sennerei Andeer, nur ein Bauer hat noch Kühe mit Hörnern.
  • 2004: Der erste Bauer bei uns im Dorf hat bereits wieder aufgehört, seine Tiere zu enthornen.
  • 2005: Der Bauer, der bei uns im Dorf noch nie enthornt hat, bekommt einen Rappen pro Liter mehr Milchgeld, ein Mehrwert mit Symbolcharakter.
  • 2005: Der dritte Milchlieferant der Sennerei Andeer hat aufgehört, seine Tiere zu enthornen.
  • 2007: Der vierte Bauer beginnt, einen neuen Bestand aufzubauen mit Originalbraunvieh mit Hörnern.
  • 2008: Ab sofort bekommen vier von fünf Betrieben den Hörnerrappen ausbezahlt, er ist fester Bestandteil der Milchrechnung.
  • 2015: Ein junger Bauer von unseren Milchlieferanten hat den Betrieb seiner Eltern übernommen und beginnt wieder, zu enthornen. Ein grosser Rückschritt für Andeer, ein noch grösserer Rückschritt für mich und den grössten Rückschritt für die Zukunft, leider.
  • 2015: Der Hörnerrappen wird nur noch an drei Bauernbetriebe ausbezahlt.